Was wir hinter uns haben
Keine Gehpause zuviel
Wir schreiben das Jahr 2013 und sitzen am 21. November
abends in gemütlicher Runde in unserem Saisonabschlusstreffen zusammen, als
Jola das Ziel verkündet, nächstes Jahr den Marathon unter vier Stunden laufen
zu wollen. Zuerst war der Bremer Marathon das Ziel. Im Laufe der Planung boten
sich Oz und Klosi als Unterstützer und Wasserträger an und es sollte dann doch
schon der Frühjahrsmarathon in Hamburg werden. Jetzt wurde jeden Dienstag beim
Laufen darüber gesprochen, an der Taktik gefeilt, Tipps ausgetauscht und
Trainingspläne aufgestellt. Günter und Waldi schlossen sich der Gruppe um Jola
an. Andere Läufer hatten auch Interesse in Hamburg zu starten und am Ende
wurden es acht Bremer Läufer, welche sich in Hamburg angemeldet hatten. Weitere
Läufer, die bei einem anderen Marathon starten wollten, schlossen sich dem
Training an.
Mit dem 3. langen
Lauf der Winterlaufserie im Bremer Bürgerpark begann der harte Teil im
Trainingsplan, die langen Läufe über 25 km und bis zu 35 km. Hierzu vereinbarten
wir mehrere Sonntagsläufe an verschiedenen Orten. Wir rannten durch den
Hasbrucher Wald bei Delmenhorst, lernten die weiten Felder Rund um Bassum, dass
der Rundkurs zwischen Stuhr/Seckenhausen
und Nordwohlde so einige Hügel beinhaltet, sowie die nicht endenden Kurven des
Wümmedeichs kennen. Oft wurde hinterher in geselliger Runde gefrühstückt und
sich Mut gemacht für den bevorstehenden Marathon.
Endlich war es soweit, der Kalender zeigt den 04. Mai, den
Tag der Wahrheit an. Um 06:00 Uhr machten wir uns gemeinsam in unserem SG Stern
Mobil auf den Weg nach Hamburg. So richtig gut geschlafen hatte keiner, schon
gar nicht Jola, ihr war die innere Anspannung deutlich anzusehen.
Im Vorfeld hat das Trainerteam nochmal in die Trickkiste
gegriffen und das „Rocky-Prinzip“ hervor geholt. Jola hatte den Auftrag zur
eigenen Motivation die Rocky-Klassiker
Film 1 bis 3 zu gucken und in sich das Auge des Tigers zu erkennen.
In Hamburg wurden wir
herzlich von unseren SG Stern Kollegen aus dem Werk Harburg begrüßt und konnten
unser Auto gleich bei ihrem Stand abstellen. Viel Zeit zum Austausch blieb
nicht. Uns zog es zum Messegelände und zum Startblock. Waldi hatte schon am
Samstag für alle die Startunterlagen abgeholt, was zeitlich Entspannung
brachte. Bekanntlich wird es Anfang Mai schon mal richtig warm, was sich für
einen Marathonläufer aus dem Norden bezogen auf die Zielzeit „tödlich“
auswirken kann. Dieses Jahr war es ganz anders, das Thermometer zeigt gerade mal 8°C, frischer Wind und kurz
vorm Start fängt ein leichter Regen an. Gefühlt waren wir alle zu dünn
angezogen, dass fängt ja gut an. Der Startschuss fällt und neun Minuten später
überqueren wir auch endlich die Startlinie. Schnell bildeten wir eine V-Formation. Im Wechsel Waldi und Güter in der
Spitze, Jola in der Mitte, Oz und Klosi sichern das Ganze nach hinten ab.
Die
Kunst beim Marathon besteht darin, zu Anfang nicht zu schnell zu laufen, damit
am Ende noch genug Kraft vorhanden ist. Ein Marathon beginnt erst ab Kilometer
30, allerdings tut es dann meistens auch schon richtig weh. Damit uns das nicht
passiert, hatten wir zwei Uhren mit einem virtuellen Laufpartner mit Zielzeit 4
Stunden angelegt. Der virtuelle Partner zeigt uns über GPS gesteuert an, wie viele
Meter zur Durchschnittsgeschwindigkeit wir zu schnell bzw. zu langsam laufen.
Waldi war für die Überwachung der einzelnen Kilometerzeiten zuständig. Bis zum
Halbmarathon hatten wir 500 Meter herausgelaufen, was nicht zu viel war und uns
als Puffer für die zweite Hälfte diente.
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Die V-Formation! |
Jola hatte „nur“ den Auftrag das Tempo von 05:35 Min./km zu
halten. Die Getränkestationen lagen immer auf der rechten Seite, d.h. für Jola
vorher rüber zur linken Seite wechseln, damit sie nicht mit den Läufern, welche
etwas trinken wollten in die Quere kam. Wir Jungs waren für die Versorgung
zuständig. Was immer Jola haben wollte, wurde von uns besorgt. Wasser, Iso,
Bananen, Riegel, Cola alles kein Problem. Ja, davon Träumen jetzt die Frauen.
Aber Ladies, denkt daran, wir sind nicht zu Hause im Garten, sondern auf der
Marathonstrecke im Hamburg und wir Männer können auch anders. Kilometer 28 und
es wurde stiller um Jola, die Anstrengung wurde spürbar, jetzt beginnt der
Kampf im Kopf und mit dem Körper. Noch 14 km, genauso viele wie unserer
Trainingsrunde am Werdersee. Also gingen wir mit Jola im Kopf nur noch die
Werderseerunde durch. Kilometer 31 jetzt laufen wir unter die Erdbeerbrücke
durch, Kilometer 35 über die Brücke am Deichschart, Kilometer 37 Cafe Sand usw.
Plötzlich Kilometer 40, Jola fängt an zu gehen. Jetzt können Männer hart sein.
Los Kopf hoch und weiter, leichten Trap, nicht stehen bleiben, Blick auf die
Uhr, wieviel Meter haben wir noch Luft, lange Schritte, komm, weiter, Du siehst
gut aus. Jola möchte wieder gehen, wir sagen nein. Da kommt Waldi, „Lass sie
doch ein paar Meter gehen“, nah gut. Danke, denkt Jola. Kilometer 41, jetzt
aber los, komm, Kopf hoch, denk an Rocky, jetzt wird die Ernte eingefahren,
lange Schritte, renn, lauf, bis zur nächsten Kurve, dann siehst du das Ziel. Um
die Kurve rum, kein Ziel zu sehen. Egal, weiter, komm, lange Schritte, keine
600 Meter, hol den Tiger raus, nächste Kurve, rum und da ist der Zielbogen und
der rote Teppich, jetzt gib alles, du schaffst das, genieße den Jubel der
Zuschauer, sind wir noch auf Bestzeit, lauf, lauf, lauf. Dam--dam-dam-dam-
-dam-dam-dam- - dam. Waldi, Günter, Oz und Klosi stimmten die Melodie von eye
of the tiger an, vielleicht hilft es ja.
Wir sind durch, was sagt die Zeit, 03:59:06 herrlich, geschafft.
Eine tolle Leistung von Jola und ihrem Team.
Doch nicht nur für Jola war Hamburg ein voller Erfolg.
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Sie sind alle durch! |
Stefan lief persönliche Bestzeit in 03:47:57 und Sebastian
hat richtig eine Bestzeit rausgehauen von 03:16:16.
Am Ende trafen wir uns alle bei den Hamburger Kollegen wieder
und haben mit einem kühlen Sekt auf unseren Erfolg angestoßen. Nach leckeren
Kaffee und Kuchen sowie Gesprächen unter Läufern ging es glücklich und mit
schweren Beinen zurück nach Bremen.
Am Ende sei noch gesagt, auch für uns vier Männer, die
Laufburschen von Jola, war Hamburg ein super Event. Ein Marathon ist immer ein
Anspruch für einen Läufer. Wir „schnelleren“ Hasen mussten uns immer
gegenseitig disziplinieren nicht das Tempo zu erhöhen, auch wir hatten
zwischendurch das eine oder andere Tief oder standen kurz vor einem Krampf. Die
Vorbereitungs-läufe haben wahnsinnig viel Spaß gemacht. Und jetzt geht’s weiter,
nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf.